Es ist ein typischer Abend: Freunde treffen sich zum Abendessen oder auf einer Feier, und schnell kreisen die Weingläser und Bierflaschen. Mittendrin stehe ich, mit meinem Mineralwasser oder einem Saft. Und fast zwangsläufig kommt die Frage: "Warum trinkst du eigentlich nichts?" Was folgt, sind oft verwunderte Blicke, Nachfragen und nicht selten auch ungläubige Kommentare. Warum wird man in diesem Land eigentlich so schief angeschaut, wenn man keinen Alkohol trinkt?
Der soziale Druck des Trinkens
In unserer Gesellschaft hat Alkohol einen hohen Stellenwert. Es ist ein Symbol für Geselligkeit, Entspannung und Feierlaune. Wer nicht trinkt, wird schnell als Außenseiter wahrgenommen. Dies kann dazu führen, dass man sich unwohl fühlt oder sogar das Gefühl hat, sich rechtfertigen zu müssen. Dabei gibt es viele Gründe, keinen Alkohol zu trinken: gesundheitliche Bedenken, persönliche Überzeugungen oder einfach kein Bedürfnis danach.
Die gesundheitlichen Folgen von Alkohol
Alkohol hat nachweislich schädliche Auswirkungen auf den menschlichen Körper. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass der Konsum von Alkohol mit verschiedenen gesundheitlichen Problemen verbunden ist:
Lebererkrankungen: Alkohol kann zu Leberzirrhose und Leberkrebs führen .
Herzerkrankungen: Chronischer Alkoholkonsum erhöht das Risiko für Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen und Herzinfarkte .
Krebserkrankungen: Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen Alkohol und verschiedenen Krebsarten, einschließlich Mund-, Rachen-, Speiseröhren-, Brust- und Darmkrebs .
Psychische Gesundheit: Alkohol kann Depressionen und Angstzustände verschlimmern und ist oft ein Faktor bei Suiziden .
Der emotionale Umgang mit Alkohol
Viele Menschen greifen zum Alkohol, um mit ihren Gefühlen besser umgehen zu können. Ein Glas Wein oder Bier kann helfen, sich sicherer und selbstbewusster zu fühlen, und ermöglicht es, für einen Moment loszulassen. Aber warum ist das so? Warum fällt es vielen Menschen schwer, ihre Emotionen ohne Alkohol zu bewältigen?
Eine mögliche Erklärung ist, dass unsere Gesellschaft oft keinen Raum für echte emotionale Auseinandersetzung bietet. Wir sind darauf trainiert, stark zu sein, und Gefühle wie Traurigkeit, Angst oder Unsicherheit werden oft als Schwäche gesehen. Alkohol bietet eine schnelle Flucht aus dieser Realität.
Alkohol kann kurzfristig Stress abbauen und das Wohlbefinden steigern, indem er das zentrale Nervensystem dämpft und die Hemmschwelle senkt. Dies ist jedoch nur eine kurzfristige Lösung, die oft in einem Teufelskreis enden kann: Je mehr man trinkt, desto abhängiger wird man vom Alkohol, um sich gut zu fühlen.
Die Herausforderung, nicht zu trinken
Als jemand, der selten bis gar keinen Alkohol trinkt, kenne ich die Herausforderungen nur zu gut. Es ist oft ein wiederkehrendes Thema an Abenden mit Freunden, und die Reaktionen sind nicht immer verständnisvoll. Viele Menschen scheinen Schwierigkeiten zu haben, meine Entscheidung zu akzeptieren, und drücken Bedauern aus, dass ich nicht mal ein Glas Wein mit ihnen teilen kann.
Ein Plädoyer für mehr Toleranz
Versteht mich nicht falsch: Jeder soll das Leben führen, das er will. Aber müssen Menschen, die auf sich und ihre Gesundheit achten, dafür diskriminiert werden? Es ist an der Zeit, dass wir als Gesellschaft einen offeneren und respektvolleren Umgang mit dem Thema Alkohol finden. Nichttrinken sollte genauso akzeptiert und respektiert werden wie Trinken.
Fazit
Ich erfreue mich an schönen Abenden und guten Gesprächen, auch ohne Alkohol. Und ich bin überzeugt, dass wir alle davon profitieren könnten, wenn wir uns mehr auf echte Verbindungen und weniger auf den Alkoholkonsum konzentrieren würden.
Quellen
"Liver disease and alcohol consumption: Epidemiology, pathogenesis and treatment." Journal of Hepatology.
"Alcohol and Cardiovascular Disease: A Position Paper from the European Society of Cardiology." European Heart Journal.
"Alcohol consumption and cancer risk: Understanding possible causal mechanisms for breast and colorectal cancers." Nature Reviews Cancer.
"The relationship between alcohol use and mental health: Results from the World Health Organization mental health surveys." Addiction.